
2. Februar 2009 von P. F. W. Huijs
Das Licht Böhmes in den Niederlanden
Man sagt immer, dass Böhme schwierig ist, zu schwierig, und deshalb ist er nur einem kleinen Kreis bekannt. Aber hier ist heute doch eine große Anzahl Interessierter beieinander, um sich in diesen seltsamen Mann aus Görlitz zu vertiefen. In drei Teilen möchte ich heute mehr über Jakob Böhme erzählen. Im ersten Teil bekommen wir wie in einem zurücklaufenden Film einen Eindruck davon, wie Böhme die Niederlande berührt hat und wie die Niederlande Böhme willkommen geheißen haben…
Im zweiten Teil dringen wir an Hand eines Textfragmentes in die tiefen Gedanken Böhmes vor. Im dritten Teil bemühen wir uns, zum Schluss das Lebens- und Gedankenmilieu zu skizzieren, aus welchem der Mensch Böhme einigermaßen zu erklären ist.
I
Mit Ihrer Teilnahme an diesem Tag fügen Sie sich in die Gesellschaft nicht der Geringsten, und Ihr Interesse kann große Folgen haben. Um nur im Heute zu beginnen: Die größte hermetische Bibliothek der Welt, gegründet von Joost Ritman, gäbe es nicht, wenn dieser am Beginn der Sechzigerjahre nicht in den Besitz einiger Bücher von Jakob Böhme gekommen wäre. Dadurch wurde er dazu „entzündet“, wie Böhme selbst sagen würde, als ein wohlversorgtes Asylantenzentrum den hermetischen und esoterischen Geisteskindern Gastfreiheit zu bieten, für die in der Europäischen Gemeinschaft der regulären Wissenschaft lange Zeit kein Platz war.
Auch würden Sie hier an diesem Ort wahrscheinlich nicht sitzen können, wenn Böhme nicht gewesen wäre. Denn J. van Rijckenborgh, Gründer der Geistesschule des Lectorium Rosicrucianum, war auch durch Böhme ergriffen: nach zweihundert Jahren war er selbst der erste im niederländischen Sprachgebiet, der in der Periode vor dem Krieg Böhmes Erstling „Aurora“ erneut übersetzte und herausgab. Van Rijckenborgh erkannte in Böhme das urgnostische universelle Prinzip wieder von den zwei Naturordnungen, sowie die Idee, dass der Mensch in der ursprünglichen göttlichen Schöpfung aus den sieben Geistern, die in Christus sind, erneut geboren werden kann. In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg hieß die Rozenkruisers Genootschap eine Zeitlang: die Jakob-Böhme-Gesellschaft.
J. van Rijckenborgh war in diesem Zusammenhang möglicherweise inspiriert durch den Mann, den er stets als einen seiner Lehrmeister angesehen hat: Prof. Dr. A.H. de Hartog. Dieser dynamische Pastor hatte 1915 eine Auswahl mit Fragmenten von Böhme herausgegeben. De Hartog selber war seinerseits „entzündet“, wenn wir dieses Wort noch einmal gebrauchen dürfen, durch seine Ehefrau, die in Deutschland erzogene J. de Hartog-Meijes, die in ihrem Denken viel weiter gehen konnte als ihr Mann. Denn sein Priesteramt verlangte doch – zumindest in jenen Tagen – dass er innerhalb der Regeln der offiziellen Kirche bleiben würde. Frau de Hartog war – im ganz Geheimen – in Kontakt mit dem Umfeld der Quäker, die über die englischen Behmisten und Böhme-Ausgaben in dem Mann aus Görlitz eine enorme Inspiration fanden. De Hartog, ein Mann, zu dessen Predigten in der Oude Ronde Lutherse Kerk in Amsterdam man sich drängte, der es in diesen Tagen wagte, eine „spirituelle“ Bewegung im Volk in Gang zu bringen – trotz des weittragenden Sozialismus von Troelstra, der ganz allein ganze Zeitschriften vollschrieb – hat während seines ganzen Lebens gesagt, dass er seine Ehefrau sehr verehre und in ihr eine „viel größere Seele“ sehe als er selber sei. Frau de Hartog-Meijes hatte bereits 1909 eine kleine Auswahl aus Böhmes „Vierzig Fragen von der Seele“ publiziert, welche der Schreiber 1620 auf Drängen seines Freundes, des Kabbalisten Balthasar Walther, niedergeschrieben hatte. Sie gab der Publikation den etwas unwirklichen Titel „De roede des drijvers verbroken“ („Die zerbrochene Rute des Treibers“). Diese erscheint heute anlässlich des Böhme-Symposions in einem dritten Druck bei der Rozekruis Pers.
Aus einer ganz anderen Ecke der Freimaurer versuchte auch der Chemiker A.A. van der Meulen in den Jahren vor dem Weltkrieg Böhme für das Volk wieder zugänglich zu machen. Er hatte hierfür einen Verlag „Het Rozenkruis“ in Hilversum gegründet und einige schon lang verschwundene Werke über die Prinzipien des Lichtes, über die Alchemie des Sauerstoffs und über die Wahrheit herausgegeben.
Böhme und die Niederlande haben einander immer viel zu sagen gehabt. Leider wissen wir nur sehr wenig über die Böhme-Freundeskreise, die sich hier im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert gebildet und von hier aus wieder nach Deutschland zurück und nach England und die Vereinigten Staaten verbreitet haben: idealistische Gemeinschaften ohne eigenen Besitz, ohne Bindung mit den offiziellen Kirchen, in freundlichen und einander unterstützenden Gesellschaftsverbänden, die versuchten, ein ursprüngliches, lebendiges Christentum zu verwirklichen. Ohne die Niederlande wäre keine einzige Schriftseite von Böhme bewahrt geblieben, und wir werden hierüber noch ausführlich sprechen. Wenn wir uns das siebzehnte Jahrhundert anschauen, dann sehen wir, dass 1682 in den Niederlanden die erste vollzählige Werkausgabe von Böhme in deutscher Sprache erschienen ist (also mehr als ein halbes Jahrhundert nach Böhmes Tod). Herausgegeben wurde sie von dem militanten protestantisch-pietistischen Deutschen Gichtel, der viele Jahre in den Niederlanden lebte.
Auch Frederik Voster, Buchverkäufer in Amsterdam zu dieser Zeit, hatte etwa 1686 die erste Übersetzung von „Aurora“ herausgegeben. Übersetzer war niemand Geringerer als der berühmte Kupferstecher Jan Luyken. 1678 erscheint von ihm das Büchlein: „Jezus en de Ziel“ („Jesus und die Seele“). Es ist ein kleines Werk, aufgemacht in der bewährten und zu dieser Zeit beliebten Form einer Pilgerreise. Diese wird in drei Teilen erzählt. Im ersten Teil geht die Seele auf Reisen, und sie entledigt sich der totalen Gefangenschaft der natürlichen Gestalt, plastisch ausgedrückt als das Fleisch. Der zweite Teil handelt vom schauenden Leben und der dritte Teil über die Heimkunft in und zu Gott: „die Seele begehrt (…) sich selbst in den göttlichen Abgrund einzusenken wie ein Tropfen Wasser in den Wein.“
Jeder Teil enthält eine Anzahl Embleme. Das sind Radierungen mit symbolischem Gehalt; und jedes Bild wird durch ein Gedicht erklärt, worin die Seele ihre Not oder Bedrängnis in Worte fasst. Ihre Not wird mit einer „göttlichen Antwort“, die meist ein Zitat aus der Bibel ist, beantwortet. Danach folgt eine längere oder kürzere Betrachtung in Prosa; ein Stückchen Text. Die Poesie basiert oft auf Teilen aus „Von den drei Prinzipien“ oder aus „Der Weg zu Christo“, dem einzigen Büchlein, das während Böhmes Leben herausgegeben wurde. Die Prosa kommt in vielen Fällen aus Luykens eigener „Aurora“-Übersetzung – sieben Jahre, bevor diese in niederländischer Sprache publiziert wird -, während das Programm für das ganze Werk eine starke Übereinstimmung zeigt mit Dialog einer erleuchteten und einer unerleuchteten Seele. Luyken, so zeigt sich daraus, war absolut und bis ins Tiefste seines Wesens von Böhme ergriffen, und er ist ihm sein ganzes Leben treu geblieben.
Dass es jedoch gegenwärtig noch so etwas wie Böhme-Manuskripte gibt und dass sein Werk bewahrt blieb, ist gleichwohl nur einem Mann zu verdanken: dem gewissenhaften und ergebenen Abraham van Beyerland. In knapp neun Jahren, zwischen 1634 und 1642, publizierte er die niederländischen Übersetzungen des Gesamtwerks von Böhme.
Sehr geehrte Anwesende, hier stehen viele Namen auf einem A-Vier-Blatt. Hinter jedem Namen steckt eine Lebensgeschichte, hinter jedem Namen befindet sich eine Eindruck erweckende Beseelung, ein Berührtsein. Alle diese Personen waren auf eine bestimmte Art „in Brand“ gesteckt, sie waren in Böhme „entzündet“, wir sagen es noch einmal. Sein Geist von Freiheit, von Begreifen, von Genialität, von Inspiration und Erkenntnis der Tiefen Gottes entflammte in ihnen eine gleiche „Wiedergeburt“ – der sie sich mit Leidenschaft und Beseelung weihten. Jeder von ihnen versuchte in den Umständen seiner Tage dieses neue Licht zustande zu bringen, weihte sich auf seine Art dem Wirksammachen dieses befreienden Lichtes im eigenen sozialen Status. Dies ist heute Nachmittag ein äußerst wichtiger Punkt, und wir wollen heute gerne aufzeigen, dass weder Böhme noch seine Geistverwandten in einer Ecke standen, abgewandt oder abgeschirmt von der Gesellschaft, worin sie lebten – sondern mitten im Leben.
Die niederländische Schlüsselfigur dieser ganzen Namenskolonne ist, wie gesagt, Abraham Willemszoon van Beyerland, einer der Ältesten der Waalse Kerk op de Oudezijds Voorburgwal, ein Handelsmann, der an der Amsterdamer Börse durch den Zibethandel (das ist ein moschusartiger Grundstoff für Parfüm) reich geworden war.
Vom ersten Moment an, als er eine Schrift von Böhme in Händen hielt, veränderte sich sein Leben. Fast unmittelbar beginnt er mit dem Übersetzen; er ruht nicht, bis er alle noch lebenden Freunde und Bekannten von Böhme aufgespürt hat und strebt danach, so viele Handschriften, Kopien und Originale wie möglich in seinen Besitz zu bekommen. Nicht aus Habsucht, sondern „weil seine niederländische Nation der Gnadengabe des Deutschen (weil sein eigenes Volk das bescheidene Werkzeug verachtet und mit Füßen tritt) teilhaftig werden soll“. Van Beyerland hat die Kraft, die Böhmes nächsten Kreisen fehlt: Jakob Böhmes mächtiges Werk als ein Ganzes zu sehen und für die Nachwelt zu erschließen. Und wie kein anderer sieht er, dass die Zeiten in Deutschland unruhig sind, und dass da niemand ist, der die Sicht besitzt auf das, was von Böhmes Schriften ausgeht.
Bereits 1634 erschien eine erste Ausgabe mit einer Anzahl Fragmente aus verschiedenen Titeln: Handboecxken – zijnde een welrieckende Bloeme (Handbüchlein – eine wohlriechende Blume); und in knapp neun Jahren übersetzte van Beyerland das gesamte Werk; jedes Mal ein bestimmtes Buch unterbrechend, wenn er neues Material, das er wichtiger fand, hereinbekam. Aber wie ging das vor sich? Van Beyerland setzte alles auf eine Karte, um Originalmaterial von Böhme, d.h. Manuskripte, handgeschriebene Kopien und Autographe aus Schlesien in die Niederlande zu bekommen. Damit hat er eine absolute Schlüsselrolle gespielt, die uns ihm für immer verpflichtet. Er war es, der das Werk nach Amsterdam holte. Er war es, der es übersetzte, er war es, der es drucken und herausgeben ließ, und wenn man ein Buch kaufen wollte, musste man es bei ihm selber in der Warmoesstraat kaufen. Dann wurde man „gewogen“ – und wenn es ihm nicht passte, oder wenn er einen verdächtigte, mit der schriftgelehrten Mauerkirche (das ist die Kirche, die zusammengehalten und gleichzeitig aufrechterhalten wird durch unerbittliche Regeln) gemeinsame Sache zu machen, dann musste man machen, dass man wegkam, denn dann „tobte er wie ein wilder Bär“,- wie jemand, der das miterlebt hat, notierte.
Auf seinen Streifzügen war van Beyerland mit Hans Rothe, einem Advokaten aus Görlitz, in Kontakt gekommen, der eine Kiste mit Abschriften besaß. Diese Abschriften hatte Rothe von den Gebrüdern Karl und Michael Ender von Sercha übernommen, die alle Werke Böhmes hatten kopieren lassen. Hundert Reichstaler sollte das kosten, und das war in der damaligen Zeit noch ein stattlicher Betrag. Das hatte van Beyerland ausgegeben, um die Kiste mit Büchern, Briefen und Autographen (das sind Manuskripte) in seinen Besitz zu bekommen. Warum wollte er denn so gerne die Handschriften? Einen Grund haben wir bereits genannt: unruhige Zeiten in Schlesien und ganz Deutschland. Ein anderer Grund war, dass mit Sicherheit die eigenhändig geschriebenen Traktate des Mannes aus Görlitz, der vor ein paar Jahren gestorben war, der Gefahr ausgesetzt waren, konfisziert und sogar vernichtet zu werden. Denn während seines ganzen Lebens stand Böhme in seiner Heimat im Zentrum eines Sturms – und dieser Sturm hatte sich noch lange nicht gelegt. Überdies war es in Deutschland in vielen Fürstentümern unsicher zu dieser Zeit. Der dreißigjährige Krieg, ein Krieg, aufgepeitscht durch die Reformation, durch religiöse Gefühle auf beiden Seiten, wütete in aller Heftigkeit und stürzte die Grafschaften, Länder und Herzogtümer in große Schwierigkeiten. Auch die „Mauerkirche“ ruhte nicht eher, bis sie das ganze protestantische Deutschland formell unter einen Nenner bringen konnte: die Augsburger Konvention.
Um in die Niederlande zu gelangen, ins stolze und freie Amsterdam, musste die Sendung durch das Gebiet der Preussen. Van Beyerland wollte sie zuerst sicher bei seinem Korrespondenten in Hamburg haben. Aber der kritischste Punkt war der Weg zwischen Leipzig und Hamburg, wo es dann auch schief ging. Eines Morgens erreichte van Beyerland die Unheilsnachricht des Absenders, dass „eine Rotte streiffender Reuterey“ (eine Art Banditenpatrouille) den Transport „untersucht“ hatte, und dass alle Handelsware, die auf den Karren geladen war, geraubt worden war. Van Beyerland hatte alles verloren. Sehr bedrückt suchte er an diesem Morgen die Börse auf. Als er am Nachmittag desselben Tages nach Hause kam, meldete ihm seine Ehefrau: „O ja, Abraham, es ist auch noch eine Kiste angekommen. Aber niemand war dabei, und es ist auch kein Bericht dabei.“
Es war die Kiste der Brüder Ender von Sercha – auf rätselhafte Weise war sie gerettet! Und darin befanden sich beinahe alle Werke von Böhme. Auf wunderbare Weise – er hat niemals erfahren wie – waren die unvergleichlichen Manuskripte und Kopien von Böhmes opera omnia bewahrt geblieben und auch noch richtig bei ihm angekommen. „Versteh‘ es magisch!“ so soll Böhme selbst gesagt haben, und das tat van Beyerland. Dass die Sendung gerettet war, sah er als einen Fingerzeig und ein „Exempel von Gottes Schutz“ an: von ihm wurde erwartet, dass „er auch nach des Autors eigenen Handschriften trachten sollte“. Das Resultat: Am Ende seines Lebens hatte van Beyerland 12 Originalhandschriften und die Hälfte von Böhmes eigenhändig geschriebenen Sendbriefen plus mehr als 100 Kopien.
II
Böhme ist eine Erscheinung am europäischen religiösen und intellektuellen Firmament, die heute weit genug von uns entfernt ist, um alt oder antik zu heißen, aber nahe genug ist, um noch direkt – ohne erklärende Worte von anderen – verstanden zu werden. Seine Sprache ist alt, sicherlich, aber wenn das Herz empfänglich ist, erhält es mit jedem seiner Worte einen Strom von Licht, einen Balsam von Trost und Begreifen und Freude für ein Gemüt, das durchdringt in die Bestehensgründe seiner selbst, des Seienden und des Unkennbaren, Gott selbst.
Böhmes Philosophie ist schwierig, sagt man. Sicher, man muss sich mit einigen Begriffen vertraut machen, die damals gebräuchlicher waren als heute. Böhme wagt es, über Satan, über Luzifer, über eine Welt des Zorns zu sprechen, Welten und Worte, die uns nicht mehr ansprechen, nichts mehr sagen, vielleicht weil sie uns allzu vertraut geworden sind. Aber viel lieber schreibt und spricht Jakob Böhme über die Welt des Lichtes, über das Freudenreich, wie er es nennt, um aus der Freude des Sehens und Begreifens dieser Welt selber in Freude zu entflammen. Er kann nie zur vollen Befriedigung erklären, wie besonders Gott und die sieben Urgeister sind. Er spreche zu den Allereinfältigsten, so sagt er, weil er selbst auch einfältig sei und nur über Wissen verfüge, solange „der Geist bei ihm sei“; ohne das sei er ein hohles Fass. Das sind seine eigenen Worte.
Gott ist der unbekannte UNGRUND, so nennt er es. Aus Gott wird der Sohn geboren. Der Sohn ist eine Qualität von Licht und besteht aus sieben Urgeistern. Wie ist dies zu verstehen? Das erste Wunder ist bereits die Geburt des Sohnes. Vielleicht können wir Böhme besser selbst das Wort überlassen. In seiner „Aurora“ vergleicht er die sieben Urgeister mit sieben Rädern:
„So ich Euch die Gottheit recht beschreiben will, so ist es damit bestellt wie mit einem Rad. Dieses besteht zum Bespiel aus sieben Rädern, wovon das eine in das andere gestellt ist.
Die sieben Räder nun sind die sieben Geister Gottes, die alle aus einander entstanden sind. Das eine hat eine andere Umdrehung als das andere. Sie sind ineinander gefügt wie eine runde Kugel. Man sieht alle sieben Räder, von jedem die Umdrehung und alles, was zu ihnen gehört. Und die sieben Räder sind wie eine Nabe, die in ihrer Umdrehung alle Seiten herausdreht; die Räder haben stets dieselben Naben, und aus den Naben entstehen stets die sieben Speichen. Kein Rad, Nabe oder Speiche geht verloren. Und das Rad dreht sich, wie der Wind es treibt. Und das ist das Herz, die eine Nabe, oder das innerste der Räder. Keins von ihnen geht verloren; sie drehen sich miteinander rund, wie der Wind es ihnen erlaubt. Dies bedeutet den Sohn Gottes, den Gott der Vater durch alle sieben Geister geboren werden lässt. Er ist der Sohn aller sieben Geister. Das Herz Gottes ist stets der Mittelpunkt, so wie die Nabe der Mittelpunkt des Rades ist.
So kann auch nur ein Herz Gottes sein und nicht sieben. Das eine Herz ist der Mittelpunkt und das Leben aller sieben Geister. Die Speichen nun, die den Halt bieten, bedeuten Gott den Heiligen Geist, der von Vater und Sohn ausgeht und die doch gleichzeitig in Ihm anwesend bleiben. Wie es nun viele Speichen gibt, die sich alle in der Mitte des Rades drehen, so ist der heilige Geist der Werkmeister Gottes und Er formt alles, was in Gott anwesend ist. Es ist nur ein einziger Gott mit sieben Urgeistern, ebenso wie nur ein Rad besteht, obwohl es sieben Räder sind, die jedoch eigentlich ein Ganzes bilden.
Das Rad in seinem Bau steht für die scharfe Eigenschaft, welche das körperliche Wesen der Gottheit zusammenhält und harmonisiert, so dass es bestehen kann. Und das süße Quellwasser entsteht durch das Aufsteigen der Geister. Wie das Licht in der Hitze zum Vorschein kommt, so erschrickt die scharfe Qualität vor großer Freude. Das harte Körperliche wird hierdurch sanftmütig. Dieser Schreck oder der Anblick des Lichtes nun steigt auf in die scharfe Qualität. Dieser Schreck oder Blitz steigt in alle Qualitäten auf, ebenso wie in das obengenannte Rad, das sich dreht. Das Licht scheint inmitten der sieben Urgeister, und sie freuen sich in dem Licht.
Und wenn die Geister voll Licht in einander wirken und aufsteigen, wird das Leben geboren, denn alle geben sie einander von ihren Eigenschaften. Der eine Geist fühlt und prüft den anderen, der eine zeigt sich in dem anderen, und der Klang steigt auf zum Herzen; dann öffnet sich das Freudenreich des Sohnes Gottes, und alle sieben Geister feiern und erfreuen sich im Herzen Gottes, ein jeglicher nach seiner eigenen Beschaffenheit. So wie ein saurer und grüner Apfel durch die Sonne wohlschmeckend gemacht wird, so dass es herrlich ist, ihn zu essen, und man prüft seine guten Qualitäten, genau so behält die Gottheit ihre Eigenschaften, aber es ist in der Gottheit ein stilles Wirken als liebliches Spiel. Wenn sich jedoch die Eigenschaften erheben würden, so würde wie in Luzifer das Feuer in ihnen angezündet werden. Dieses nun ist die wahrhaftige Geburt der Gottheit, die von Ewigkeit an so gewesen ist und allezeit so bleiben wird.“
Das ist Böhme’sche Sprache. Er kann nicht genug davon bekommen, die wunderbare Geburt Gottes jedes Mal wieder zu erklären. Denn Gott wird ständig geboren! Und – was noch wichtiger ist – so wird Gott gleichfalls im Menschen, im Herzen, in dem siebenfältig drehenden Rad oder der Kugel des Mikrokosmos, wohlverstanden, auch aufs neue geboren! So wie Jan van Rijckenborgh in seiner umfangreichen Literatur immer wieder die Mysterien der Rose erklärt, stets aus einer anderen Sicht, so legt Böhme jedes Mal wieder die wunderbare Geburt Gottes dar. Und jedes Mal wird er wieder mitgezogen in die Freude dieser Geburt in der Herrlichkeit, die er „süß“, „lieblich“ oder „zart“ nennt.
Spricht Böhme nun über eine Welt oder über zwei oder drei? Böhme erklärt uns, dass es „ein Alles und ein Nichts“ gibt, wie auch ein nicht offenbarter, unkennbarer Nicht-Grund, Ungrund, existiert. Daraus entsteht eine siebenfältige Schöpfung. Das ist bereits das erste Wunder. Die Schöpfung ist der Sohn. Und in diesem Sohn entstehen die sieben Urgeister, wie oben bereits beschrieben. Sie sind aufs neue der Sohn, und sie kreieren aufs neue das Bewusstsein des Sohnes. „Verstehe es magisch!“, würde Böhme sagen. Die Schöpfung, schöpfen muss man verstehen als zusammenziehen oder zusammentreiben. Bewusstsein entsteht dadurch, dass die sieben Geister auf einander einwirken und in einander Erkenntnis (Wiedererkennen), Freude, Licht, Leben, Geschmack und Geruch, Klang und Form hervorbringen. Und das All ist Liebe, das Urprinzip, die Nabe, das Herz Gottes.
Der Sohn ist Luzifer, der Sohn ist Christus. Luzifer und Christus sind die „Erstlinge des Geistes“. Luzifer ist der Sohn. Böhme über Luzifer: „Als nun der König auf solche Weise verkörpert war, so ist unmittelbar, im gleichen Augenblick, die Geburt der heiligen Dreifaltigkeit Gottes zum Vorschein gekommen. In ihm. Dies ist geschehen in Freiheit, so wie Eisen doch Eisen bleibt, wenn das Feuer das Eisen durchglüht, oder, so wie das Licht die Dunkelheit erfüllt und dadurch freudevoll wird. Denn in diesem Zusammenfügen zu einem Körper ist die Geburt mit großem Triumph Wirklichkeit geworden, und alle Urgeister haben sich freudevoll und triumphierend gezeigt. Und in demselben Augenblick ist das Licht aus den sieben Geistern im Herzen aufgegangen als ein neugeborener Sohn Gottes, welcher auch zur Stunde den Körper aller sieben Urgeister aus dem Mittelpunkt des Herzens verherrlicht hat, und das Licht des Gottessohnes hat auch alles mit einem überirdischen Glanz umstrahlt.“
Und er beschließt: „Da steht nun die schöne Braut. Was soll ich über sie schreiben? Ist sie nicht ein Fürst Gottes gewesen? Und wohl der allerschönste?“
Dann erklärt Böhme, wie man den Fall verstehen muss. „Als in Ihm also das Licht entzündet war, erfreuten sich die sieben Urgeister über die Maßen, mehr als ihnen zukam, und wollten mächtiger und größer sein als Gott selber. Dadurch wurden die Urgeister zu feurig; die scharfe Qualität (die Formseite) ließ das süße Wasser vertrocknen. Und die gewaltige und große Hitze, die in dem süßen Wasser entstanden war und wodurch das Bittere in dem Süßen zuwege gebracht worden, kämpfte mit der scharfen Eigenschaft, als wollte die Hitze sie aus großer Freude auseinander sprengen. Denn das Licht war so grell, dass es den Urgeistern unverträglich war. Während nun das süße Wasser durch Zusammenziehung vertrocknet war, so blieb nur eine kleine Flamme (!) übrig. All das süße Leben wurde aufgesaugt. Nicht so, dass der Geist des (lebendigen) Wassers aufgesogen wurde (welcher in allen sieben Urgeistern wohnt), sondern er wurde in eine dunkle, hitzige, saure Eigenschaft verändert.
Hier ist die saure Eigenschaft geboren, die auch jetzt auf dieser Erde anwesend ist. Im Himmel, in Gott, ist sie auf diese Weise nicht anwesend und auch nicht in den Engeln. Sie verursacht Traurigkeit und Elend und Versäumnis des Guten. Hierdurch reagierten auch die Urgeister auf einander wie hier oben angegeben. Nun jedoch entstanden kein Leben und Liebe, sondern nichts als Eitelkeit, feuriges Verderben und Kälte, somit, als sie in einander aufstiegen, wurde der ganze Körper böse, und führten eitle Hitze und bitteren kalten Streit. Dadurch entstand das erste Gift, welches wir armen Menschen nun zu verarbeiten haben, und dadurch ist der bittere, giftige Tod in unser Fleisch gekommen.“
Böhme sagt einfühlsam: „Inmitten dieses Wühlens und Wirkens wurde nun das Leben in Luzifer geboren, das heißt, sein Sohn, in seinem Herzen. Was dies für ein Leben und für ein Sohn gewesen sein muss, gebe ich dem Leser zu bedenken. Welch ein Gast er vor Gott und den heiligen Engeln gewesen sein wird und vor den anderen Königreichen, gebe ich Euch zu bedenken. Er hätte eins sein müssen mit Gott und Seinem Sohn, als ein Herz und ein Gott – ach, wie traurig, hierüber zu schreiben.“
Darin ist nun zum erstenmal das Prinzip der zwei Naturordnungen angelegt. Und im Menschen wirken beide Welten. In einer Zeitlichkeit, einem zeitlichen Beisammensein, wirken und rasen beide aufeinander ein. Welcher Geist wird daraus hervorgehen? Welches Prinzip wird angewandt? Und zu welchem Ergebnis wird es führen? In Böhmes visionärem Blick ist das kosmische Drama fertig, aber zugleich auch das Wunder des Menschen. Böhme versucht es so einfach wie möglich darzustellen. Aber die Tatsache bleibt bestehen: dass aus dem Nichts, dem Ungrund etwas besteht, das ist ein Mysterium. Das kann nicht verstanden werden, und selbst Böhme mit seiner wirklich fabelhaft schreibenden Gänsefeder kann das Mysterium nicht erklären. Das sagt er an vielen Stellen. Er sagt: Wir können nur in diesem Mysterium stehen. Wir können seiner teilhaftig werden, ein Teil davon sein, indem wir willens sind, darin zu versinken! Und die Tatsache nun, dass das allererste Mysterium nicht verstanden werden kann, selbst nicht von etwas, das aus diesem Mysterium kommt, das ist der Kernpunkt des Falls von Luzifer.
Luzifer, so sagt Böhme, war die erhabenste göttliche Schöpfung, die aus dem Nicht-Seienden hervorkam. Er konnte es jedoch nicht hinnehmen, dass er das erste Mysterium nicht verstand – und nicht war. Darum stachelte er all die sieben Geister, die in ihm waren, auf, und sie entbrannten zu einem heftigen Feuer, zu einer enormen Hitze, aber einer Hitze, die nicht durch Liebe, den fünften Geist, gelöscht wurde, sondern heißer und heißer wurde durch das Unvermögen, Gott selbst zu sein, um so auch außerhalb von sich selbst, in Gottes Räumen, regieren zu können wie Gott. Das ergab die Anfangsexplosion, wodurch die stoffliche Welt, die Welt des Zorns, worin Gott selbst nicht sein kann, zum Vorschein kam. Hätte Luzifer das Mysterium als solches angenommen, er wäre Gottes geliebteste und allerschönste Schöpfung, Welt gewesen. Aber durch die Hoffart – es sind Böhmes Worte – ist er aus Gott herausgegangen. Und in dieser Hitze, in diesem Zorn, brennen wir Menschen. Aber wir können von der Hoffart Abschied nehmen. Wir können der Eitelkeit Lebewohl sagen. Wir können in die andere Schöpfung Gottes, die Neue Geburt, wohl eingehen! Das ist die dritte Schöpfung, die dritte Welt.
In welchem Wunder stehen wir doch! In uns kann auf magische Weise aufs neue die gott-menschliche Wesenheit geboren werden, aus den sieben Geistern, aus dem siebenfältigen latenten Feuerprinzip, das mit dem menschlichen Herzen korrespondiert. Vielleicht ist es gut, bevor wir weitermachen die sieben Geister näher zu erklären. Denn Böhme vergleicht sie auch mit den sieben Geschmäckern. Er erklärt, wie die Eigenschaften vor Freude „erschrecken“, wenn sie einander kennen lernen, erfahren, prüfen und dergleichen, und überall und stets fühlt man, liest man, erfährt man, dass sein Herz tatsächlich überläuft vor Freude, dass er darüber sprechen kann.
Böhme sagt unter anderem: „Als erstes ist das Licht so wie das Sonnenlicht, aber nicht so schlecht für unsere Augen zu vertragen, sondern sehr lieblich und genussreich, wie der Anblick der Liebe.“
„Die Luft ist auch nicht auf die gleiche Weise in Gott anwesend, sondern sie ist ein liebliches sanftes Sausen und Aufsteigen; das heißt: der Ursprung der Kräfte ist der Ursprung der Luft, in welcher der Heilige Geist aufsteigt.“
„Das Wasser ist auch nicht auf eine derartige Weise in Gott anwesend, sondern es ist der Quell der Kräfte, allerdings nicht auf irdische Weise. Wenn ich es mit irgendetwas vergleichen will, so würde ich es mit dem Saft eines Apfels vergleichen, aber sehr licht, so wie der Himmel ist. Luzifer hat es so weitgehend verdorben, dass es in der Welt wütet und arbeitet, läuft und schnellt und fließt, dass es dunkel und dick ist, und es kommt noch hinzu, dass es, wenn es nicht schnell fließt, unangenehm zu riechen beginnt.
Die Wärme oder Hitze ist in Gott ein liebliches, sanftes Erwärmen, ausgehend vom Licht und sich daraus erhebend; die Kälte ist in Gott anwesend als das Abkühlen der Hitze, eine Abmilderung des Geistes, ein Aufsteigen des Geistes. Verstehe diese hohen Dinge doch recht: Wenn der Vater das Wort spricht – das heißt: seinen Sohn gebiert, was immer und ewig geschieht -, so findet das Wort zu allererst seinen Ursprung in der scharfen Eigenschaft, dann wird es durch die süße Eigenschaft gemildert, durch die bittere angeregt und in Bewegung gebracht, und durch die Hitze steigt es auf und entzündet die mittlere süße Qualität. Nun brennt es in allen Eigenschaften durch das Feuer, das entzündet ist, und dieses Feuer brennt auch wiederum in allen Eigenschaften, und dieses Feuer ist wie ein großes Feuer und nicht wie viele Feuer.
Die fünfte Eigenschaft oder der fünfte Geist der sieben Geister Gottes in der göttlichen Kraft des Vaters ist der liebliche, freundliche und freudevolle Geist der Liebe.
Passt nun auf, was der Urquell dieser Liebe Gottes ist. Es ist der Kern von allem. Wenn die Hitze in der Süßigkeit aufsteigt und ihren Quell anzündet, so brennt das Feuer inmitten der Süße, und dieweil die Süßigkeit ein liebliches und schönes Quellwasser ist, so mäßigt es die Hitze und löscht das Feuer aus, und es bleibt nur das freudevolle Licht in dem süßen Quell übrig, und die Hitze ist nur noch eine sanfte Wärme.
Wenn nun das Licht, das in der Mitte der vier Geister ist, in ihnen scheint, so steigen die Kräfte dieser vier Geister auf in dieses Licht und werden lebendig, und sie haben das Licht lieb, das heißt, sie lassen es auf sich einwirken und werden schwanger vom Licht, und dieser selbe Geist, der sie alle umfasst, ist die Liebe des Lebens, dies ist der fünfte Geist. Wenn sie diese Liebe in sich fühlen, so sind sie imstande zu größeren Freuden, denn der eine sieht den anderen in dem Licht, und der eine macht den anderen wirksam; dann entsteht der Ton oder Klang. Dies ist der sechste Geist.
Nun ist der sechste Urgeist in der göttlichen Kraft der Schall oder Ton, durch welchen alles klingt und Geräusche von sich gibt, wodurch die Sprache und der Unterschied zwischen den verschiedenen Dingen entsteht; auch entstehen durch den Klang und den Gesang der heiligen Engel alle Farben; die Schönheit und das himmlische Freudenreich entstehen auch hieraus.
Die siebente Kraft ist die körperliche, die stoffliche Form, die aus den anderen sechs Geistern geboren wird und worin alle Himmelserscheinungen zum Vorschein kommen; die Form, in welche alles gegossen wird und in welcher alle Schönheit und Freude aufgeht. Diese hat die Eigenschaften aller Geister, und dies ist der siebente Geist Gottes in göttlicher Kraft.“
Und schauen wir nun in uns selbst. Auch wir als irdische Erscheinung, sind eine Schöpfung im Werden. Aber wir sind nicht komplett. Stellen Sie sich vor: vier Geister sind in uns wirksam.
Die erste Kraft, die Böhme nennt, ist die des Sauren und Scharfen. Diese erzeugt Härte und Kälte: unsere Glieder, den stofflichen Körper.
Die zweite Eigenschaft ist die Süßigkeit. Es ist die Wärme, die Sanftheit, die Abmilderung: sie bringt Leben in das Stoffliche.
Die dritte Kraft ist das Bittere. Es ist der Geist, der beweglich macht, der unsere sinnliche Wahrnehmung bestimmt und uns fühlen und begehren lässt.
Die vierte Eigenschaft oder Kraft ist die Hitze, der Entflammer des Lebens, wodurch der Geist im Körper wirksam wird, das natürliche Bewusstsein.
So können wir Böhmes Erklärung unseres augenblicklichen Seinszustandes begreifen. Worum es nun geht, ist: Kann als fünfte Eigenschaft der Geist des lieblichen, himmlischen süßen Lebens des Christus in uns geboren werden? Als die Liebe? Oder entzünden wir uns selbst in Luzifer, das ist: im eigenen, dem Selbstbezogenen, dem Abgetrennten? Das ist die Frage, vor welcher jeder Mensch, der heute lebt, steht – und die niemand anders als er selber – durch seinen Willen – beantworten kann.
Ist die Antwort ein positives „Ja“, dann wird in einer mächtigen Klangvibration der sechste Geist aktiv, der schließlich die Wiedergeburt als eine neue Schöpfung, als eine neue Natur, entfalten wird. Und das ist die dritte Welt, der gott-menschliche Zustand, das Bewusstsein und das Fahrzeug des Freudenreiches.
III
Lassen Sie uns, nun wir einigermaßen gehört haben, wie Böhme schreibt, einmal nach Böhmes Umgebung schauen. In dem Jahrhundert vor Böhme waren im Herzogtum Liegnitz besondere patriarchale apostolische Gemeinschaften aufgetreten, die sehr gläubig waren und eine neue Art von Christentum suchten. Später wurden sie durch die offizielle Reformation verboten. Kaspar von Schwenckfeld, der eine Art Angstgegner für Luther wurde, kam aus diesem Umfeld. In der Neißestraße, wo auch Böhmes Haus stand, wohnte wiederum ein persönlicher Freund von Kaspar von Schwenckfeld. Öffentliche Zusammenkünfte jener Gemeinschaft fanden in diesem Hause statt, einige Türen von Böhme entfernt. Zu der Gruppe Schwenckfeldianer gehörten zum Beispiel der Görlitzer Bürgermeister Bartholomäus Scultetius, aber auch der Hauptpfarrer der Peterskirche, Martin Moller. Andere bekannte Persönlichkeiten waren zum Beispiel auch Karl Ender mit seinen Söhnen Michael und Johann – die später Böhmes Aurora kopieren und verbreiten sollten.
Pfarrer Martin Moller war 1602 Betroffener in einem Prozess gegen die Lehrer des Görlitzer Gymnasiums und die Geistlichen der Stadt. Sie sollten, so lautete die Beschuldigung, Kryptocalvinisten sein, verborgene Anhänger der Lehre von Calvin, Zwingli und von Weigel. Wenn man tolerant war, wurde man zur Ordnung gerufen. Man musste sich der Staatskirche anpassen, die sehr stark war und eine wahre Zwangsjacke auf die Schultern der Städte legte. Wenn man ein lebendiges, innerliches Christentum führen wollte, ging das nicht, oder man musste sich außerhalb der Mauern der offiziellen Kirche wagen – was gleichbedeutend war mit ausgestoßen sein. Der freundliche und sanftmütige Moller, der auch Böhmes Prediger war, galt in dem Prozess als Hauptverdächtiger. Davon kam sicherlich der Abscheu Böhmes vor der „Mauerkirche“. Eine wichtige Rolle bei den Anklägern spielte damals bereits Gregor Richter, dem wir später noch begegnen werden.
Bartholomäus Scultetius, Bürgermeister von Görlitz, war gleichwohl ein Verfechter der Gewissensfreiheit und nahm im Hinblick auf Religion einen toleranten Standpunkt ein. Mit demselben freien Geist behaftet, verteidigte er Moller durch dick und dünn, so dass dieser bis zu seinem Tod 1606 Pastor Primarius bleiben konnte. Danach gab es für die Stadt jedoch kein Entkommen mehr: politisch und ökonomisch gesehen gab es für den Stadtrat keinen anderen Weg als sich für das offizielle lutherische Bekenntnis, die Augsburger Konfession, zu entscheiden. Die Alternative – in äußerster Konsequenz eine Art Münster der Wiedertäufer – würde politischem Selbstmord gleichen. Darum wurde als neuer Prediger – zähneknirschend – Gregor Richter gewählt, der eine solch schwerwiegende Rolle im Drama Böhme spielen sollte. Lassen Sie uns heute hier die Situation klar vor Augen sehen – denn sie ist oft komplexer als man denkt. Versuchen wir uns an Richters Stelle zu versetzen, dann sehen wir, dass auf Richter, der bereits eine Rolle im Prozess gegen Moller gespielt hatte, eine undurchführbare Aufgabe wartete. Er wusste, dass er niemals auf den Rat rechnen können würde, er wusste, dass die Görlitzer einen selbstbewussten aufkommenden Bürgerstand repräsentierten, und gleichzeitig musste er gegen einen Landadel ankämpfen, der nun einmal fanatische Kirchenmänner nicht leiden konnte, die ihm das Gesetz vorschreiben wollten. Das beschwor – auch im Hinblick auf Richters Charakter – einen Konflikt herauf.
Der Stein des Anstoßes, sieben Jahre nach seiner Anstellung, war jedoch nicht Schwenckfeld oder die Paracelsisten, die sich in großer Anzahl im Herzogtum befanden, und auch nicht Kepler mit seinen neumodischen Ideen über den Lauf der Planeten, der eine Zeitlang in Görlitz verweilte. Der Stein des Anstoßes kam nicht von einem Gelehrten oder einem Adeligen, sondern von einem Schuhmacher, der überdies auch schon einmal für das Übertreten der Stadt- und Gildenmonopole auf den Handel in Garnen verurteilt worden war. Für Richter war der Stein des Anstoßes Böhmes „Aurora“. Für den Gemeinderat von Görlitz war der Stein des Anstoßes: Richter. Der Prediger Richter war der Sohn eines Schmiedes, und bevor er einen Ruf zu seinem Amt gefühlt hatte, war er gleichfalls zum Schmied erzogen worden. Von daher kann man sagen, dass Böhmes Typisierung von ihm als „Treibhammer, der das Werk antreiben muss“ nicht ohne Humor ist. Richter hatte sich als Kirchentyrann, durch seine ellenlangen Predigten und seine Moralpredigerei ordentlich unter den Bürgern verhasst zu machen gewusst. In den Aufzeichnungen des Görlitzer Bürgermeisters lesen wir zum Beispiel, dass Richter weniger lange Predigten halten musste und nicht mehr so donnern durfte, weil das den Bürgern gegen den Strich ging.
Was Richter an Böhmes „Aurora“ so maßlos ärgerte, war das vollkommene Negieren von Luthers Gebot, dass allein die Schrift mit Gott in Zusammenhang gebracht werden dürfe. Er klagte ihn beim Gemeinderat an – nachdem er überdies noch einen Kollegen gezwungen hatte, eine Klage einzureichen, denn anders war sein Ersuchen nicht rechtsgültig. So saß Scultetius an diesem 26. Juli 1613 doch wohl ein wenig mit Magenschmerzen da. Der Bürgermeister kannte Böhme gut und sympathisierte eher mit ihm als mit Richter. Er saß nun wirklich zwischen zwei Stühlen. Die Klage zu negieren war unmöglich, denn wenn Richter sich an die Landesregierung wenden würde, wäre politisch das Maß voll. Deshalb tat Scultetius das Weiseste und Verständigste, was er nur tun konnte: er ließ Böhme zu sich kommen, führte ein Gespräch mit ihm, worin er sagte, dass Böhme vorsichtig sein müsse, ließ ihn fünf Minuten festsetzen und schickte einige Männer zu seinem Haus, um das Manuskript von „Aurora“ zu beschlagnahmen. Zu einer Verhandlung ist es nicht gekommen, aber sie trafen eine Absprache: Böhme sollte nicht mehr schreiben, und er würde Richter ermahnen, nicht mehr in der Peterskirche auf Böhme zu schimpfen. Dann ließ er Böhme gehen. Böhme hat seine „Morgenröte“ nie mehr wiedergesehen. Erst 1641 kam die Handschrift wieder frei, und am 26. November 1641 gelangte sie über Heinrich Prunius in die verlässlichen Hände van Beyerlands.
Bei der zweiten Klage Richters anlässlich des Erscheinens von „Der Weg zu Christo“ wurde Böhme aber zu einem Verhör durch den Stadtrat gerufen. Das war eine Konfrontation, wovor Böhme absolut keine Angst hatte. Am Tag davor schreibt er an Karl Ender: „Angesichts dessen, dass er (Richter) so furchtbar heftig tobt, ist der Gemeinderat verstimmt, und haben die Herren beschlossen, dass ich morgen vor den Rat kommen muss, um über alles Rechenschaft abzulegen. Da beabsichtige ich, die Wahrheit bis auf die Knochen zu erzählen, ohne Ansehen der Person, und sollte es mein Leben kosten…Denn die Zeit der Reformation ist gekommen.“
Auch hier wurde Böhme zur Vorsicht gemahnt. Zur Abrechnung, auf welche Böhme hoffte, kam es nicht: der Rat fragte lediglich, wer das Büchlein geschrieben habe und wer es habe drucken lassen. Und auch hier wieder ließ man aus politischen Gründen so wenig wie möglich nach draußen dringen. Aber Richter war damit nicht zufrieden. Zum zweitenmal fühlte er sich in seinem Hass frustriert. Der handfeste Skandal, auf den er gehofft hatte, war ausgeblieben, und anstelle einer schweren Verurteilung konnte Böhme einfach gehen. Nun zeigte Richter seine wahre Art: als echter Volksverhetzer peitschte er die Emotionen auf, ließ den Pöbel Böhme aus der Stadt jagen und die Fenster seines Hauses an der Neisse-Brücke einwerfen. Einen Tag später wurde Böhme aber durch den Magistrat wieder zurückgeholt.
Lassen wir unser Licht einmal auf eine weitere hartnäckige Mythe fallen: Böhmes soziale Stellung. Böhme war kein Klausner, der bei Kerzenlicht hinter seinem Leisten saß und schrieb. Böhme war ein aktiver, unternehmender Geschäftsmann, der seine Verantwortung in der Gemeinschaft voll auf sich nahm, ein bescheidener Geschäftsmann zwar, aber er hatte das Schuhmacherhandwerk gelernt und war ein anerkannter Fachmann. Am 24. April 1599 kaufte er eine der vierundvierzig Schuhmacherwerkstätten, die es in Görlitz gab, und begann mit seinem Geschäft. Er kaufte ein. Seine Frau war bereits im Garnhandel beschäftigt. Im August dieses Jahres kaufte er sein erstes Wohnhaus in Görlitz. Er war besser bei Kasse als die meisten Schuhmachermeister. Bei Gelegenheit trat er als Wortführer der Gilde auf oder kaufte für die Gilde bei drohender Verknappung große Partien Leder ein.
Als er etwa 1608 sein mütterliches Erbteil bekommt, setzt man ihn auf die Liste der (obwohl bescheiden) Vermögenden der Stadt.
1613 verkauft er sein Schuhgeschäft für mehr als das Doppelte von dem, was er dafür bezahlt hat. Jakob Böhme will frei sein von den strengen Regeln, die von der Schuhmachergilde und der Stadt aufgestellt sind. Er will reisen, er will handeln können, und das glückt ihm. Er verkauft sein erstes Haus und kauft ein zweites, wovon er die Hälfte vermietet. Er bekommt vier Söhne und sorgt gut für sie; sie erhalten alle eine Fachausbildung. Zwei davon sterben vor Böhme; wie man sagt, war einer von ihnen mit der Tochter von Richter, seinem größten Feind, verheiratet. Auf seinen Reisen kauft er die Produkte ein, die auf den stillen Gehöften und Landgütern in der weiteren Umgebung verfertigt werden und verkauft sie in der Stadt, wo ein großer Bedarf an diesen Gütern besteht. Und er will seine Hände frei haben, um sein „Talent zu üben“, das heißt, sein Talent zu entwickeln: das ist seine philosophische Arbeit. Denn auf seinen Reisen kann er seine vielen Freunde und Geistverwandten treffen und über das sprechen, was ihn am meisten beschäftigt: die kommende allgemeine oder Generalreformation.
Damit kommen wir zu einem ganz anderen Umfeld, das Einfluss auf Böhme ausgeübt hat. Denn die allgemeine Reformation war in den Jahren 1615-1620 das typische Terrain der Rosenkreuzer, deren Ruf sicherlich bis nach Dresden und Görlitz durchgedrungen war. Es ist absolut sicher, schreiben Forscher, dass Böhme sie kannte und ihre Schriften gelesen hatte. Und er wird mit Freude festgestellt haben, dass er in ihnen Geistverwandte aus einer ganz anderen Ecke Deutschlands antraf, Menschen, die den absolut gleichen Nährboden wie er hatten. Lassen Sie mich noch einige Dinge nennen, die in diesem Boden angetroffen werden können: die Alchemie von Paracelsus, die „Universelle Studie“ von Weigel, die „Vier Bücher vom wahren Christentum“ von Arndt und letztendlich Hermes, der Quell und das „wahre, innerliche, reine“ Christentum von Demut, Umkehr, ernsthaftem Leben, Studium und Wiedergeburt. Das war die große Reformation, auf die Böhme wartete. Vor allem am Ende seines Lebens spricht er in seinen „Sendbriefen“ oft über diese kommende Reformation, an die er fest glaubt.
So entsteht vor unseren Augen eine ganz andere Persönlichkeit als nur der Philosoph mit seinem unvergleichlichen Tiefgang. Und das ist wichtig, weil es uns erkennen lässt, dass es nicht um eine erhabene, von oben herab erteilte Lehre geht, sondern um etwas, das aus der Zeit geboren ist und auch vollkommen im Verhältnis zu der Zeit und den Umständen steht, aus welchen es stammt. Jakob Böhme ist eine Persönlichkeit, die auf dem Kreuzungspunkt vier belangreicher gesellschaftlicher Ströme steht, zwischen altem Adel und neuen Reichen, zwischen den Stadtregeln und freier Unternehmerschaft, zwischen kirchlichen Regeln und freiem religiösem Erleben. Wir legen Wert darauf, es nochmals zu sagen: gesellschaftlich gesehen ist Böhme kein erfolgloser Schuhmacher, der obendrein mit der Geistlichkeit und der Obrigkeit Krach bekommt. Im Gegenteil, er ist ein gewissenhafter Unternehmer, der Kredite aufnimmt und zurückbezahlt und Gewinne erwirtschaftet und davon leben kann. Aber vor allem ist Böhme das Genie, das in Gottes Tiefen zu schauen vermag und das Talent hat, in seinen Werken davon zu berichten. „Aurora“ ist sein erstes Werk, für ihn selber aufgeschrieben, wie er selbst sagt, vollkommen aus der Inspiration und dem Geist geschrieben, jedoch nicht nur für ihn selbst: auch um seinen Freunden immer besser deutlich machen zu können, worum es bei der Wiedergeburt geht.
Es ist dieses Genie, das von den Menschen seiner Umgebung wahrgenommen wird. In der besonders fruchtbaren Periode von 1618 bis 1624 gibt es Momente, da seine Freunde beinahe buchstäblich um ihn herumsitzen; und sobald er wieder zwei oder drei Seiten fertig hat, nehmen sie sie ihm ab und kopieren sie. Obwohl sie noch lange nicht immer mit ihm einig sind, verstehen sie sehr gut die Tragweite und das absolut Neue von dem was Böhme schreibt. Denn Böhme ist äußerst modern. Er entwickelt eine neue Sprache, eine neue Philosophie, eine neue Art, Abstraktes zu schildern, das vor ihm noch niemals so in Worte gefasst worden war. Seine Freunde Franckenberg, Kober und die Brüder Ender sehen das hell und klar. Niemand vor ihm hat auf diese Weise über die Schöpfung und die neue Schöpfung in Christus geschrieben – die überdies so überdeutlich auch in Böhme selbst stattgefunden hat.
In diesem Zusammenhang passt es auch gut, noch eine andere Mythe zu zerstören. Es ist merkwürdig, wie Böhmes Erlebnisse mit denen der ersten Rosenkreuzerbrüder – tausend Kilometer südlicher in Deutschland – parallel laufen. Das ist ein Beweis für den mächtigen Impuls, der damals in Menschen durchbrach, die das wahre Christentum der innerlichen Wiedergeburt freimachen und jedem empfänglichen Sucher zeigen wollten. Obwohl am Anfang von Böhmes Gesamtwerk „Aurora“ steht, das er für sich selber aufschrieb als ein „Memorial“, und dieses nur mit äußerster Vorsicht und auf bescheidene Weise kopiert und herumgeschickt wurde (ganz wie in den gleichen Jahren die Rosenkreuzer-Manifeste!), ist Böhme sich der Wirkung seines Werkes selber sehr bewusst, und er folgt darin genau einer geplanten Arbeitsweise. Ab 1618 kann ihn niemand mehr aufhalten. Er organisiert selbst das Kopieren, er versucht es einzudämmen. Er schreibt Instruktionen: gebt mein Werk nicht jedem, sondern nur den Menschen, von denen zu erwarten ist, dass sie es begreifen können. Wenn Fragen aufkamen, verwies er die Menschen an seine nächsten Freunde, um selber weiterarbeiten zu können. Es boten sich Kopisten an und sogar Menschen, die sein Werk drucken wollten, aber dies hat er sich lange Zeit vom Leibe gehalten; seiner Meinung nach war die Zeit dafür noch nicht gekommen.
Er erlaubte nur, das Büchlein „Der Weg zu Christo“ – das ausschließlich von der Praxis der Wiedergeburt handelt – zu drucken, und wir lesen im 46. Sendbrief vom 27. Dezember 1623: „Mein Büchlein von der Buße und der Wahren Gelassenheit wird binnen einiger Tage aus dem Druck kommen.“ Das kleine Werk erschien in der Tat im Januar 1624, aber fast direkt wurde die gesamte Auflage beschlagnahmt. Von den paar Exemplaren, die Böhme Freunden übergeben hatte, sind genau zwei übrig geblieben. Wir haben das Vorrecht, eines davon hier auf Renova auszustellen.
So sehen wir, dass Böhme in Bezug auf die neue Zeit, die „Zeit der Lilien“, wie er es nennt, am allerwenigsten eine abwartende Haltung einnimmt. Im Gegenteil: er arbeitet mit Menschen, Freunden aus allerlei Glaubensgemeinschaften und Konfessionen, wenn es nur „frei“ ist. Er organisiert Zusammenkünfte, er bildet eine Art inneren Kreis um sich, den er weiter führen will. Er ist kein weltfremder Mystiker, sondern initiiert und organisiert ein befreiendes Werk. Viele seiner Werke sind auch ein Niederschlag von Diskussionen mit Freunden und Interessenten, worin er versucht, seine Gesichtspunkte zu verdeutlichen. Aber schließlich hört er auf damit. Am Ende seines Lebens ist er noch verinnerlichter und schreibt nur noch für die „sittsame Seele“. Er will, so sagt er, noch einmal ein Buch wie „Morgenröte“ schreiben, aber dann noch deutlicher, und dann alle seine anderen Werke verbrennen. Es ist Gott sei Dank nie dazu gekommen. Sein letztes Büchlein ist ein „Gebetbuch für die sieben Tage der Woche“, und im letzten Herbst seines Lebens, im Oktober 1624, begann er noch mit einer neuen Arbeit: „Betrachtung über die göttliche Offenbarung“. Darin hofft er 177 theosophische Fragen einer hungrigen Seele zu beantworten, wovon er aber nur noch 15 erledigen konnte.
Niemand verstand besser, was Böhme meinte, als Abraham Willemszoon van Beyerland. Denn es ist kein Ding der Vernunft, von rein dem Verstand, sagt Böhme. Der Verstand steht im Zorn, in der Ichbezogenheit. Worum es geht, sagt er, ist der Wille, in ihr die „Selbstsucht“ täglich sterben zu lassen und das Verlangen in Gott einzuführen (so nennt er es), und wie aus diesem Sterben ein neues Gemüt und ein neuer Wille in Gott inkorporieren (aufblühen) wird. Es wird im Zorn geboren werden müssen, aber der Zorn wird es nicht begreifen und das Selbst es nicht sehen. Genau wie es im Johannes-Evangelium steht: „Das Licht scheint in die Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.“ Hierbei geht es um eine Lebenshaltung, um eine neue Art, zu leben. Wollen Sie das, dann sind Sie ein Böhme-Freund. Und dann ist Böhme auch nicht mehr schwierig; denn dann findet auch in Ihrem Bewusstsein eine neue Geburt statt, aus den sieben Geistern. Darum schreibt van Beyerland in der „Vorrede“ seiner Übersetzung von „Das dreifältige Leben“: „Der Leser sei gewarnt (beim Lesen dieses Buches), das Büchlein von der Buße und der Wahren Gelassenheit in die Praxis zu stellen/ um dieselbige nicht allein zu lesen und zu verstehen/ sondern um dem Autor in seinem Prozess nachzufolgen/ welches sich in selbigem klar zeiget: doch es wird der ernsthaften Seele (beim Lesen dieser Schriften) gehen wie einem, der ein schweres rostiges Eisen blank machen will/ zuerst ist wenig Hoffnung/ aber in der Standhaftigkeit liegt die Überwindung: der ernsthafte Wille und das eifrige Verlangen vermag viel, um zur Gnade und zu hohen Kenntnissen zu kommen/ gleichwie solches ohne Zweifel die einzige hohe Schule und Studium der Väter/ der Propheten und der Apostel Christi gewesen ist.“
Sehr geehrte Anwesende, besser können wir es wahrlich nicht sagen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vortrag: P. F. W. Huijs Übersetzung ins Deutsche: Ursula Klee Literaturhinweise: Ernst-Heinz Lemper. Jakob Böhme Leben und Werk. Union Verlag Berlin, 1976, I. Auflage F. van Lamoen. Abraham Willemsz. Van Beyerland. Jacob Böhme en het Nederlands hermetisme in de 17e eeuw. Katalog einer Ausstellung in der Bibliotheca Philosophica hermetica 1986 F.A. Janssen. Böhmes Wercken (1682): ist editor, ist publisher, ist printer. Quaerendo Vol. 16/2 1986 W. Buddecke. Die Jakob-Böhme Autographen. Ein Historischer Bericht. 1987 G. Snoek. Boedelinventaris Abraham Willemsz. Beyerland. Mit Dank an Godfried Snoek, der das Erbschaftsinventar im GAA Notarieel Archief Amsterdam wiedergefunden hat. Foto: HACH
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