
16. Juni 2010 von Cornelia Vierkant
Zeit, die besondere Dimension
Das Phänomen der Zeit …
der Weg der Zeit …
der Zug der Zeit …
Zeit, die besondere Dimension.
Ist es nicht so, als würden wir am Morgen täglich in den Zug der Zeit einsteigen?
Was will uns die Zeit sagen, wohin will sie uns führen?
Warum ändert sich ihr Gesicht so häufig? Warum sprechen wir von guten und schlechten Zeiten?
Wo lebt die Zeit? In unserem Herzen? Wann sind wir eins mit ihr?
Während des Schlafes ist unser Zeitgefühl wie ausgeschaltet. Erst beim Erwachen ist es wieder da. Doch das Zeitgefühl in unserem Leben ändert sich und ist verbunden mit dem, was wir empfinden, denken und tun.
Wie empfinden wir Zeit? Sie ist da und ist über uns ausgebreitet, doch wir haben das Gefühl, sie nicht greifen zu können. Woran wollen wir sie messen? An unseren Gefühlen, an unserem Denken, an Ereignissen oder an dem, von dem wir in unserem Leben täglich umgeben sind und was uns irgendwie unbewusst leitet?
Als Kind lebten wir einfach in ihr wie etwas Gegebenem und hatten oft das Gefühl, ein Jahr sei eine unermesslich lange Zeit. Von nichts gab es mehr als von der Zeit, die vor uns lag, und wir lebten mit und in ihr wie mit einen guten und reichen Kameraden.
Später beim Erwachsenwerden stürmte sie auf uns ein mit Versprechungen und Pflichten und den Verantwortungen, die noch nicht so recht verstanden wurden.
Dann begannen die Verstrickungen der Gefühle und undefinierbaren Wünsche und Sehnsüchte. Sie setzten uns in Gang, um unserem Leben Form zu geben.
Aber die Formen zerbrachen, und das Gefühl, mit leeren Händen in der Zeit zu stehen, erfüllte mich total. So kam die Zeit mit Leere und Einsamkeit daher und mit vielen, vielen Fragen an dieses Leben, meine Lebenszeit und ihren Sinn.
Die Fragen wurden zu einem inneren Suchen.
Heißt es nicht: Das Licht scheint in der Finsternis?
Wo finde ich dieses Licht, das mich wieder an das Leben glauben lassen kann? Denn dieses Leben, diese mir geschenkte Zeit, muss doch einen Sinn haben? Und heißt es nicht auch: die Fragen des Herzens, die wie ein Brennen sind, sie werden beantwortet?
Und dann war da plötzlich ein Mensch, mit dem ich mich austauschen konnte. Dadurch wuchs so etwas wie Hoffen oder Trost, so dass ein winziger Schein des großen Lichtes sich auch mir zeigen konnte.
Schließlich führte mich dieser kleine Trostfunke zu einer Lichtfackel, die meinem Herzen übergroß erschien. Diese Fackel konnte den kleinen glimmenden Funken in meinem Herzen nähren und ich fühlte mich beschenkt von etwas wie Wärme und Licht, das mich wie mit jedem Schritt einem neuen inneren Leben entgegenführte.
Ich empfand plötzlich, dass Licht auch in den dunklen Zeiten des Lebens und damit auch in meiner Zeit scheinen kann. Ich lernte es, meinen kleinen inneren Funken im Herzen immer wieder neu an der großen Fackel zu entzünden, so dass Wärme und Licht immer wieder in mein Wesen eindringen kann und mich wie ein schützender Mantel umgibt.
So erhielt meine Lebenszeit eine andere, neue Tiefe, eine neue Dimension. Mit anderen Worten, die Zeit erfüllte sich für mich.
Und wieder steigt ein neuer Tag mit seinem Licht herauf und lädt mich ein, meine Zeit in die Schwerkraft dieses neuen Seins zu tauchen, die kleine Flamme in mir täglich an dem großen Licht, das nicht mit Augen zu sehen ist, zu nähren, einem Licht, in dem alle Seinsfragen verstummen und meine Lebenszeit in einer höheren Dimension aufgeht und das Lied des Sonnenballs neu in mir erklingt wie ein Morgenrot voller Verheißung.
Fotos. Christel und Hermann Achenbach
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