
10. Juni 2009 von Claudia Döhring
Weltinnenraum
Manchmal fühle ich mich einsam. Oft dachte ich, das wäre etwas Äußeres. Denn viel Zeit in meinem Leben verbringe ich allein. Ich weiß nun, wirklich einsam bin ich nur, wenn ich mich nicht mit meinem Innersten verbunden weiß. Entdecke ich diesen „Weltinnenraum“ in mir, der – wie das All – ewig, unbegrenzt, mit allem verbunden und die reine Liebe ist, ist mein Herz weit und offen. ES erspürt dann diesen Raum auch in jedem anderen. In jedem Menschenherzen, in jedem Wesen, in jeder Lebenslage. Kann ich dann noch sagen: ich bin allein?
Die Entdeckung der inneren Liebe ist zugleich die Befreiung dieser Liebe. Sie reicht über alle Grenzen hinaus und berührt jedes Wesen. Wir erkennen den Schatz des Lebens. Beginnen uns IHM zu nähern, uns IHM hinzugeben.
Dies wurde mir zu einer Zeit bewusst, in der ich einen Gedichtband von Rainer Maria Rilke in die Hand bekam. Seitdem suche ich immer wieder diese stillen Momente, darin zu lesen. In seinen Werken finde ich den tiefen „Weltinnenraum“, der meinen berührt und Einheit spürbar macht. Alles in diesen Gedichten ist ein Gleichnis für die Existenz des ewigen Anderen in uns. Lausche ich dieser inneren Stimme, lausche ich zugleich der meinen:
„Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
dass du weißt, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.
Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
lass deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gib dich, gib nach,
er wird dich lieben und wiegen.
Und dann meine Seele, sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Feierkleid,
über die sinnenden Dinge.“
Gedicht: Rainer Maria Rilke Foto: Ch. Achenbach
Schreibe einen Kommentar