
6. August 2014 von Erich Franke
Stufen der Wandlung – ein Kommentar zur Symposiums-Broschüre
Von vielen Zeitgenossen als Posse abqualifiziert, in esoterischen Kreisen seit vier Jahrhunderten aber als verschlüsselter Einweihungsweg wahrgenommen: Die aus vielen Bildern, Symbolen und Imaginationen bestehende Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz lässt viele Deutungen zu. Die Schrift der klassischen Rosenkreuzer vom Beginn des 17. Jahrhunderts verbirgt ihr Anliegen, wie manche Märchen, auch mit reichlicher Komik, bis hin zu skurril anmutenden Begebenheiten.
Als Wegweisung und Erkennungssignal unter Menschen, die sich auf einem solchen Weg befinden, ist sie auch wie geschaffen für gemeinsame Tagungen, zum Beispiel von Anthroposophie und Rosenkreuz. Bei beiden steht das Rosenkreuzertum im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. In zwölf Beiträgen hat die Stiftung Rosenkreuz Vorträge aus zwei Symposien zur Chymischen Hochzeit veröffentlicht. In großer Bandbreite reichen sie vom archetypischen Bild der „Heiligen Hochzeit“ bis hin zu den grundlegenden Erkenntnissen der Alchemie. Aus vielfacher Perspektive wird der Weg der Wandlung hin zum Geistig-Seelischen beleuchtet. Es zeigt sich, dass alle Sichtweisen notwendig sind, repräsentieren sie doch die Unterschiedlichkeit der Ausgangspunkte und der Entwicklungsstadien auf diesem Weg.
Bemerkenswert sind die beiden Begegnungen aber auch aus einem übergeordneten Gesichtspunkt. Denn nicht zuletzt auch esoterischen Bewegungen ist es eigen, sich anfänglich in einer Findungsphase und Standortbestimmung holzschnittartig abzugrenzen von anderen Bewegungen, auch wenn sie in der Zielrichtung verwandt sind. Erst wenn die jeweilige Gruppe gereift ist durch einen Erfahrungs- und Erkenntnisweg, bewährt in manchen Schwierigkeiten und Stürmen, wird eine Öffnung nach außen möglich, wächst auch der Respekt gegenüber den strebenden Bemühungen anderer Richtungen, ja lässt man sich gegenseitig inspirieren.
Diesen Zweck verfolgt die Stiftung Rosenkreuz bereits seit einigen Jahren mit ihren Veranstaltungen. Einige Beiträge in den beiden Symposien zur Chymischen Hochzeit zeigen hoffnungsvolle Ansätze, künftig weiter aufeinander zuzugehen. Es hat sich aus meiner Sicht auch schon erwiesen, dass es in fruchtbarer Weise möglich geworden ist, Verbindendes zu entdecken und Unterschiedliches als Bereicherung zu erfahren.
In diesem Sinne gehören auch die beiden Tagungen zu den Stufen der Wandlung, die in unserer Zeit bestiegen werden können.
Gemälde: Anita Vieten
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