
31. August 2016 von Maulana Dschelaleddin Rumi
Das Lied von der Flöte
Rumi wurde 1207 in Balch im heutigen Afghanistan geboren und starb 1273 in Konya in der heutigen Türkei. Er ist der größte mystische Dichter des Islam, der Dichter der „Religion der Liebe“. „Die Religion der Liebe ist anders als alle Religionen; für die Liebenden ist Gott die Religion und das Glaubensbekenntnis.“ Rumi sagte vom Menschen: „Wir sind keine Tropfen, wir sind ein Ozean, wir sind der Schatz der Geheimnisse Allahs! Wir sind reiner als die Engel, böser als die Teufel.“
Sein großes Werk Matnawi beginnt mit den Versen:
Lausche der Flöte, wie sie erzählt.
Die Trennung ist ihre Klage:
Geschnitten vom Felde wurde ich,
Himmel und Erde beweinten mich.
Ich verlange nach einer von Trennung verletzten Brust,
Ihr zu beschreiben die Schmerzen meiner Sehnsucht.
Jeder, der fern blieb von seinem Ursprung,
Sucht den Augenblick der Vereinigung.
Meine Klage trug ich jedem vor.
Zum Gefährten der Betrübten und Beglückten wurde ich.
Jeder wurde mein Freund – nach seiner Sicht.
Ergründen meine Mysterien konnten sie nicht.
In meinem Klang – sichtbar das Verborgene.
Wer hat ein offenes Ohr – wer Licht im Auge?
Geist und Leib sind nicht verborgen.
Das zu begreifen wird niemandem befohlen.
Der Klang der Flöte ist Feuer und kein Hauch.
Wer dieses Feuer nicht hat, gleicht dem Rauch.
In der Flöte gefangen – das Feuer der Liebe.
Des Weines Gärung verdankt sich der Liebe.
Die Flöte, ein Weggefährte der Verlassenen,
Ihre Klänge entschleiern unsere Mysterien.
Abb.: Gemälde von Frans Hals
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