#349#
31. Dezember 2008 von Angelika Häusler

Fünf Minuten Ewigkeit!

Heute ist der Himmel wolkenverhangen und es regnet in Strömen schon den ganzen Morgen. Versonnen sitze ich am leicht geöffneten Fenster. Gedanken darüber, wohin mein Lebensweg gehen wird, kommen mir in den Sinn und verschwinden bald wieder. Durch das monotone Geräusch des Regens hindurch dringt das Rauschen der Meeresbrandung an mein Ohr. Selbstvergessen schaue ich den Regentropfen zu, wie sie immer und immer wieder leise auf der Fensterscheibe Platz nehmen und sich einen Augenblick später schon wieder auflösen. Draußen hat sich ein kleiner bunter Falter zum Schutz vor dem Regen tief in einer Sommerdünen-Blüte verkrochen … Plötzlich ist mir, als wenn ich träumte … Etwas Heiliges ist in diesem Moment … und doch fühle ich schmerzlich, wie sehr ich getrennt bin von … von was denn? … Von wem?

Und eine Frage nimmt langsam in mir allen Raum ein, leise sage ich:

WO BIST DU?

Da „erklingt“ in mir, wie selbstverständlich, eine Stimme:

„Schau nicht in die Ferne. Ich bin überall. Auch in dem Regentropfen an deinem Fenster. Sieh doch mal genau hin, frag ihn, er weiß viel.“

Überrascht antworte ich: „Den Regentropfen soll ich fragen?… aber ich kann ihn mit den Augen gar nicht festhalten. Es sind Tausende Tropfen da und sie sind gleich wieder verschwunden, weil neue kommen.“

„Frag doch einfach. Trau dich! …..Was ist deine brennendste Frage, was wünschst du dir am meisten auf der Welt?“

Einen Moment überlege ich noch, dann sage ich: „Am meisten wünsche ich mir, so viel innere FREIHEIT, dass ich immer erkenne, was WIRKLICH und WAHR ist und dass ich darum immer weiß, was ich JETZT tun kann.“

„Schau mich nur an!“ sprach da der Regentropfen. „Ich weiß immer, was zu tun ist. Ich bin, wenn es so sein soll, Regen, dann Meer, dann Trinkwasser, dann Gemüse, dann Blut und es gibt Millionen Möglichkeiten, mich zu offenbaren.“

„Aber kannst du dich denn frei entscheiden? Wirst du nicht von der Natur gezwungen in deine Form?“ entgegne ich zweifelnd.

„Vergiss deine Vorstellungen“, sagt da der Tropfen. „Wie könnte es ohne Freiheit Veränderung geben? Wie entstünde Vielfältigkeit ohne Lebendigkeit? …Ich bin nur Wassertropfen, doch jetzt in diesem Moment bin ich eine Metapher für dich, für etwas Heiliges, das in deinem Herzen wohnt, wie eine Rose, die erblühen möchte. Ich kann auch Baum sein. Ich bin schon seit Anbeginn der Welt da, und ich war und werde jeden Augenblick alles was du dir vorstellen kannst und auch alles, was du dir nicht vorstellen kannst. Ich war schon Sternenstaub und auch schon Schlangengift. Ich kenne das schmutzige Abwasser der Menschen und ich weiß auch, wie eine Rose erblüht …und weißt du, warum ich das alles weiß? “

„Warum?“

„Weil ich keine feste Form habe und kein Ich. Ohne mich gäbe es kein Leben auf der Welt. Ich bin nur ein Teil der Schöpfung und doch bin ich alles zugleich, denn ich bin mit dem Einen immer verbunden, so wie die „Rose“, der Geist in deinem Herzen.
Darum such nicht in der Ferne. Alles was du brauchst, ist in dir. Ich bin für dich nur ein Gleichnis, ein Zeichen, damit du hinschaust und erkennst.“

„Doch sag mir, wie kann ich mich verwandeln, um das, was du sagst, wirklich zu erfahren?“

„Werde wie ich, ohne feste Form, dann kannst du alles werden. Gib dich ganz hin an das Eine, dann löst sich Gebundenheit auf und eine ungeheure Freiheit ist da – und Liebe. Die Wahrheit breitet sich vor dir aus wie ein neuer Tag im Morgenlicht nach einer langen Nacht. Alle Angst und aller Zweifel hören auf und du erkennst, was jetzt zu tun ist, so wie ich. Ich weiß, du kannst es mit deinem Verstand nicht erfassen, darum schau tief in dein Herz und dann vertraue ihm, mehr brauchst du nicht.“

Ich will etwas sagen. Doch da erkenne ich plötzlich, dass der Regentropfen ein Teil von mir geworden ist … und sich langsam … auflöst …

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