8. Juni 2016 von Hermann Achenbach

Evolution und das Geheimnis der Schönheit in Natur und Kunst Teil 2

Epochen und Vorstellungswandel der Schönheit sind noch keine Evolution. Vielleicht verkommt die Schönheit sogar im Zeitverlauf, angesichts der Interesselosigkeit des Menschen, angesichts einer degenerativen Evolution.

Die Verbindung mit Spiritualität eröffnet wieder die Möglichkeit, Frieden zu finden mit dem Schönen. Das Schöne empfängt dann erneut Tiefe und vermittelt Sinn.

Sobald der Mensch nach der Schönheit greift, zieht er sie in die Dualität und setzt sie der widersprüchlichen Gegensätzlichkeit aus. Wem es gelingt, sich für das Schöne zu öffnen, gestaltet sich selbst damit. Das kann so weit gehen, dass im Innern absolute göttliche Schönheit aufzuleuchten scheint. Dann erweist sich, dass Schönheit in unserer Welt (nur) Symbol für Schönheit ist. Gute Kunstwerke spiegeln Geistiges in unsere Welt hinein.

Für Platon war das Schöne in den „Ideen“ begründet. In der Welt des Seienden wird es als ein Abglanz für den Menschen zugänglich.

Der Barockmaler Johann Carl Loth, der nach Venedig ging und den Namen Carlotti annahm, prägte die Worte: „Schönheit ist die Summe der Teile, bei deren Anordnung die Notwendigkeit entfällt, etwas hinzuzufügen, zu entfernen oder zu verändern:“

In dem Spielfilm Next wurde dies zu einem hinreißenden Kompliment an eine schöne Frau: „Und das bist Du“.

Für Rudolf Steiner entsteht Schönheit, wenn ein inneres Geistiges äußerlich im sinnlichen Bild in Erscheinung tritt und das Sinnliche so erhöht, dass es bereits als Geistiges wahrgenommen werden kann. Dieser Charakter der Erhöhung ist in den meisten großen griechischen und römischen Werken und den meisterhaften Skulpturen und Gemälden der Renaissance enthalten.

Wenn Arnold Schönberg in seiner Harmonielehre spottet: „Schönheit beginnt dort, wo die Unproduktiven sie zu vermissen beginnen“, dann scheint eine Wende einzutreten, die als Negation der Schönheit die geistige Krise vor dem 1. Weltkrieg beleuchtet.

Wassily Kandinsky äußert in seinem Buch Das Geistige in der Kunst über Schönberg, dass dieser zu Recht die größte Freiheit als unbedingte Atemluft für die Kunst fordert. Sie könne aber nicht absolut sein. Sondern jeder Epoche sei ein eigenes Maß an Freiheit zugemessen. Über die Grenzen dieser Freiheit könne die genialste Kraft nicht springen. Auf seinem inneren Weg habe Schönberg bereits Goldgruben der neuen Schönheit entdeckt. Schönbergs Musik führe uns in ein neues Reich ein, wo die musikalischen Erlebnisse keine akustischen mehr sind, sondern rein seelische. Hier beginne die Zukunftsmusik.

Auch Walter Benjamin begreift das Phänomen der Schönheit negativ: „Es träumt sich nicht mehr recht von der blauen Blume. Wer heute noch romantisch als ‚Heinrich von Ofterdingen’ erwacht, hat die Zeit verschlafen! Die Traumstatistik würde jenseits der Lieblichkeit der Landschaft in die Dürre eines Schlachtfeldes vorstoßen … Träume haben Kriege befohlen. Der Traum eröffnet nicht mehr eine schöne blaue Ferne, sondern die graue Staubschicht auf den Dingen ist sein bestes Teil. Die Träume sind nun Richtweg ins Banale.“

Viele sahen das Hässliche im Schönen, so auch John Cage, amerikanischer Komponist des 20. Jahrhunderts und Künstler der Fluxusbewegung. Er vertrat die Meinung, dass die Schönheit die Hässlichkeit gleichwertig einschließe. Nach Cage besteht die Geschichte der Kunst in dem Bemühen, das Hässliche loszuwerden und zu integrieren. Der Mensch müsse jedoch an seiner geistigen Einstellung arbeiten; es gelte, sich so zu öffnen, dass man die Dinge nicht mehr als schön oder hässlich ansehe, sondern einfach so, wie sie sind.

Joseph Beuys hinterlässt in einem seiner Kunstwerke die Aussage: „Schönheit kann schrecklich sein!“

Die neue Broschüre der Stiftung Rosenkreuz „Evolution und das Geheimnis der Schönheit in Natur und Kunst“ weist eine Vielzahl von wunderbaren Gedanken zum Thema „Schönheit“ auf.

 

 

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