14. Juni 2018 von Anita Vieten

Erleuchtung – eine Erinnerung

Wie von vielen Menschen immer wieder aus eigenem Erleben berichtet wird, kann man eine geistige oder spirituelle Erfahrung nicht willentlich hervorrufen. Sie stellt sich eher als eine Erinnerung dar. Sie kommt aus der Erfahrungssumme vieler Leben an die Oberfläche unseres derzeitigen Persönlichkeitsbewusstseins.

Auf Erinnerungen haben wir keinen willentlichen Einfluss, sie kommen spontan, durch irgendetwas oder irgendjemanden ausgelöst. Der Auslöser muss nicht unbedingt in unserer bewussten Wahrnehmung gewesen sein, denn es ist ja eigentlich eine Berührung aus der Ur-Erinnerung des verborgenen göttlichen Anteils in uns. Diese Ur-Erinnerung wird durch ein bestimmtes Ereignis, durch Menschen oder indem wir uns in einem bestimmten Seins- oder Bewusstseinszustand befinden, hervorgerufen.

Solche Ur-Erinnerungen aus der überpersönlichen Tiefe können sehr beeindruckend sein und unser Leben in eine völlig neue Richtung bringen. Möglicherweise hinterfragen wir unser bisheriges Lebensziel und formen es neu.

Eine Beurteilung solcher Erlebnisse ist für das Persönlichkeitsbewusstsein nicht leicht, da es nicht „seine“ Erinnerung ist, sondern sie über das derzeitige Leben hinausgeht. Daher kann es zu Enttäuschungen kommen, wenn sich solch ein Erlebnis oder solche Erlebnisse nicht so schnell wiederholen.

Das Einzige, was die Persönlichkeit tun kann, ist, möglichen Freiraum dafür zu schaffen, dass sich spirituelle Kräfte in uns regen und zur Entwicklung kommen. Das geschieht durch Besinnung; durch sich in ein gnostisches spirituelles Kraftfeld stellen; durch eine Lebenshaltung, die nicht mehr nur auf das eigene Leben gerichtet ist, sondern sich in den Dienst einer erneuernden, geistigen Menschheitsentwicklung stellt; durch achtsames Denken an den Anderen in uns, den göttlichen Keim, der gleichzeitig in jedem Anderen ist. Durch die Hinwendung zu „Gott als das ewige DU“, wie Martin Buber es ausdrückt.

 

Gemälde: Anita Vieten

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